So weit gehen Vermieter – von Beleidigungen bis „Sex gegen Wohnung“

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Wohnungssuche und die damit einhergehenden absurden Momente

Damals, als ich plante aus Irland nach Deutschland zu ziehen und eine Wohnung im Tübinger Raum suchte, gestaltete sich die Suche als sehr einfach. Es war September und die Makler verfügten über keinerlei Wohnungsangebote, da das Semesterbeginn anstand. Also schaltete ich eine Anzeige mit einem Wohnungsgesuch und eine Freundin nahm die Telefonate in Deutschland entgegen. 3 Wohnungsbesichtigungen wurden vereinbart und durchgeführt. Von jedem Vermieter erhielt ich eine Zusage und musste nur noch zusagen.

Die nächste Wohnungssuche gestaltete sich auch einfach. Auf ein Inserat geantwortet, besichtigt, Mietvertrag unterschrieben. Vorsichtig formuliert war das Mietverhältnis in diesem Haus doch sehr speziell. Nie zuvor erlebte ich im Winter nicht funktionierende Heizungen oder nicht funktionierende Heißwasserleitungen oder das bewusste abschalten dieser oder Wasser welches sprudelnd sich den Weg aus Rohren bahnte. Alles war im grünen Bereich, sofern am Haus nichts repariert werden musste. Das bezog sich auch auf andere Wohnungen. Ging an diesem alten Haus etwas kaputt und hätte repariert werden müssen, so wurde es ungemütlich. Als Ergebnis schreibe ich an einem Buch „Erlebniswohnen am Fuße der schwäbischen Alb“ (Arbeitstitel).
Nachdem es in der Wohnung Schimmelbefall gab, ich den Vermieter um Beseitigung bat, gab es wieder eine Eigenbedarfskündigung. Eine vorgetäuschte.
Obwohl mir die angespannte Wohnungsmarktsituation bekannt war, konnte ich mir im Vorfeld nicht vorstellen, wie zeitintensiv sich eine Wohnungssuche gestalten kann. Ich konnte mir nicht vorstellen, welche Dinge ich dabei erleben würde.


 

Wie hundert andere Wohnungsuchende hing ich mich Samstagmorgens um 7 Uhr ans Telefon um bei den Wohnungsinserenten anzurufen. Dem Ziel einen Besichtigungstermin zu erhalten, kam ich oft nicht einen Schritt weiter. Lag es an meinem ausländisch klingenden Nachnamen, lag es an meiner beruflichen Situation? (Frührentnerin mit einer geringfügigen Beschäftigung). Ich weiß es nicht. Was ich weiß: Die Rente wird pünktlich angewiesen, also bezeichne ich mich doch als eine Interessentin mit einem gesicherten Einkommen.
Ein Auszug der Dinge, die ich zu hören bekam:
„Sie sind doch noch so jung, sie wollen doch sicherlich nicht arbeiten und machen einen auf krank.“
„Nee, ich vermiete nur an Berufstätige. Wenn Sie nicht den ganzen Tag zum Arbeiten aus dem Haus sind, wohnen Sie mir die Wohnung zu schnell ab.“
„ In Ihrem Fall würde ich dann aber 6 Monat Kaution verlangen. Wer weiß, wie lange Sie es noch machen?“ (Öh, zu dem Zeitpunkt war ich Mitte 40)

Aus der Erinnerung könnte ich noch viele Statements aufführen, die Menge würde den Rahmen sprengen.


 

Also drehte ich den Spieß um und schaltete Wohnungsgesuche in verschiedenen Onlineportalen, wie ebay Kleinanzeigen oder auch in verschiedenen Facebookgruppen. Sprach jeden an, den ich kannte. Hing Flyer mit Wohnungsgesuchen in jedem Supermarkt auf, an Bushaltestellen, in Praxen – überall dort, wo sich viele Menschen trafen.
Regelmäßig fuhr ich die Stellen ab und ersetzte die Flyer. Obwohl sich viele den Abschnitt mit der Telefonnummer abrissen, so erhielt ich nur einen Anruf. Den angebotenen Besichtigungstermin nahm ich nicht wahr. Die Vermieterin bekam einen bereits in der Wohnung vorhandenen Schimmelschaden nicht in den Griff. Nein, davon hatte ich genug.

Ich hatte das Gefühl, nur noch mit gespitzten Ohren durch die Gegend zu laufen. Hörte ich in einer Unterhaltung das magische Wort Wohnung, wurden meine Ohren noch größer, hörte ich das Wort „Nachmieter“, so schaltete ich mich ungefragt in die Unterhaltungen ein. Auch hier führte es zu keinem Erfolg.


 

Wohnung gegen Sex – oder auch nicht

Als ich Weihnachten weit entfernt auf Familienbesuch war, erhielt ich eine Reaktion auf mein Gesuch in ebay Kleinanzeigen. Ein Mieter suchte einen Nachmieter und ein Besichtigungstermin nach meiner Rückkehr vereinbart. Anhand der Adresse schaute ich mir das Haus bei GoogleMaps an und es machte einen vernünftigen Eindruck. Allerdings erschien mir die Miete als recht preiswert.
Der Besichtigungstermin musste plötzlich vorgezogen werden, so dass ich den Familienurlaub abbrach, um den Termin nicht zu versäumen. In der Nacht vor dem vereinbarten morgendlichen Termin bekam ich einen Anruf des Mieters, dass wir es uns nach der Besichtigung doch gemütlich machen könnten. Seine Möbel wären zwar schon ausgeräumt, aber sein Bett wäre noch da und er würde viel Sekt besorgen. Danach würde er mich den Vermietern auch als neue Mieterin vorschlagen. Mir verschlug es die Sprache. Den Besuch bei meiner Familie hatte ich vorzeitig beendet, um bei irgendeinem schmierigen Typen ein Mietverhältnis zu „ersexen“. So hörte sich das Angebot für mich an. Natürlich fuhr ich nicht hin. Ich kam mir klein und so ausgenutzt vor.

Einige Wochen später klingelte ich an diesem Haus und erfuhr, dass dort nie eine Wohnung zu vermieten gewesen wäre. War es die Masche eines Mannes, der mit wenig Aufwand Frauen ausnutzen wollte? Oder war es ein Spinner, der einfach im Internet die Menschen allgemein verar…en wollte? Ich weiß es nicht. Glaube ich an Karma, so weiß ich, dass es ihn auch irgendwann irgendwie in einem anderen Zusammenhang treffen wird.


 

Inzwischen war ich soweit mir einen Bauchladen zu basteln, mir diesen umzuhängen um auffallend mit Menschen ins Gespräch zu kommen. In der Hoffnung, dass darunter auch potentielle Vermieter wären. Zuvor hatte ich wenige Wohnungsbesichtigungen, bei denen es leider nur zu Absagen kam. Oder exorbitante Ablösen für Schrottmöbel verlangt wurden. Mein Selbstbewusstsein schmolz langsam.

Endlich erhielt ich, sogar in meinem Stadtteil, eine weitere Wohnungsbesichtigung. Ein älteres Pärchen suchte eine neue Mieterin. Die Wohnung war sehr schön, die Lage gut und die jetzige Mieterin saß während der Besichtigung mit ihrem Kleinkind sehr schweigsam auf dem Sofa. Die Schuhe musste ich während der Besichtigung ausziehen, da die Vermieterin nicht wollte, dass ich ihr Parkett beschädigen würde. Aha.

Als wir nach der Besichtigung im Garten standen fragte ich die Vermieterin geradeaus, warum sie einer alleinerziehenden Frau die Wohnung gekündigt habe. Diese Infos hatte ich nicht offiziell, konnte aber die angespannte Situation spüren. In dem Haus kam es zweimal zu Toilettenverstopfungen und es konnte sich nur „um die da von oben handeln, die hat doch bestimmt so viel feuchtes Papier nach dem wickeln reingeschmissen“. Aha. Eine Kündigung einer alleinerziehenden Frau aufgrund einer Vermutung.

Wohnungsbesichtigung umgekehrt

Bei mir klingelten noch nicht alle Alarmglocken. Die Vermieterin meldete sich bei mir zurück und wollte meine JETZIGE Wohnung anschauen, um zu prüfen, ob ich als Mieterin in Frage kommen würde. Ich interpretierte es so, dass sie den Mietvertrag vor Ort bei mir unterschreiben wolle und sich mein Umfeld anschauen wollte.
Dem war nicht so. Der Schimmelbefall in meiner Wohnung war bekannt. Sie schaute es sich an und meinte nur, dass sie meine Möbel nicht in ihrer schönen Wohnung dulden würde. Nicht, dass ich noch ihre Wohnung mit Schimmel durchsetzen würde. Ich gab ihr einen Einblick in das Gutachten, welches deutlich sagte, dass aufgrund eines defekten Rohrs im Badezimmer die Wand dort schimmeln würde und dass an meinen, teilweise antiken, Holzmöbeln keine Feuchte messbar war.
Es folgten weitere Argumente, eines absurder als das andere. In meiner (Noch-)Wohnung machte ich mich klein durch Gegenargumente, aber diese Frau war..: Ja, was war sie?
Als sie anschließend noch monierte, dass jetzt nicht alle meine Möbel mit Filzgleitern versehen sind und ich somit später bewusst ihr Parkett in der neu zu vermietenden Wohnung ruinieren wolle, konnte ich nichts mehr begreifen. Sprachlos fand dann diese Besichtigung meiner Wohnung ein Ende.


 

Ein weiteres Wohnungsgesuch in einem örtlichen Anzeigenblatt führte endlich zum Erfolg. An einen Anruf kann ich mich noch gut erinnern. Es rief ein älterer Bauer an und wollte einen Teil seines Bauernhauses, den er aber erst noch sanieren müsse, vermieten. „Ja, wenn Sie einen Herd brauchen, dann müssen Sie halt noch eine Leitung verlegen und die Wände müsste ich sowieso erst noch hoch ziehen, damit da überhaupt einer wohnen kann. Was ich an Miete will, weiß ich auch noch nicht“ Den Hinweis über den verwilderten Garten, in dem ich erst die morschen Bäume hätte fällen müssen, vergaß ich. Ich kann weder dübeln, noch IKEA Möbel zusammen schrauben und hätte nun eine Leitung ziehen müssen? Vielleicht verfügte das Gebäude über viel Charme, ich kann es nicht beurteilen, da ich die Besichtigung absagte.

Jemand anders war schneller: Wohnung angeschaut, Zusage, kurze Zeit später eingezogen und glücklich in Ruhe wohnend.

Manchmal ist es DER eine Anruf, der zum Ziel führt.

11770462_10206212007691345_188415007_oEure Sabine

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