Kinderorthopädie – Beine und Füße

Mein Kind hat Schmerzen, wann muss ich zum Kinderorthopäden?

(Teil 2)

Im ersten Teil erklärte Frau Prof. Dr. med. Sandra Utzschneider, Kinderorthopädin aus München, wie sich Erkrankungen der Wirbelsäule und der Hüfte bemerkbar machen, wann Handlungsbedarf besteht und welche Therapieformen sich anbieten. Im zweiten Teil wird nun der Fokus auf die Beine und Füße gelegt.

Schmerzen im Bein kommen besonders im Wachstum häufig vor. Diese „Wachstumsschmerzen“ müssen jedoch klar abgegrenzt werden von lokalen Schmerzen im Knie. Das Kniegelenk wird bereits im Alltag stark belastet und muss beim Toben auf dem Spielplatz Einiges aushalten. Deshalb ist es wichtig, dass die Entwicklung und das Wachstum des Knies möglichst fehlerfrei vonstattengehen. Denn nicht selten treten im Laufe des Lebens Abnutzungserscheinungen im Knie auf, die durch Fehlstellungen begünstigt und beschleunigt werden.

Fußfehlstellungen können hieraus resultieren, aber auch unabhängig von anderen Beschwerden auftreten – nicht selten sind sie jedoch der Auslöser für Schmerzen an anderer Stelle im späteren Leben, denn unser gesamter Bewegungsapparat ist stets um einen Ausgleich von Fehlstellungen oder Schonhaltungen bemüht und gerät dadurch in Haltungen, die auf Dauer für weitere Schmerzen sorgen können.

Sichtbare Verformungen des Beins

Hierzu zählen O- und X-Beine genauso wie Beinlängendifferenzen und überstreckbare Knie. Im Laufe des Wachstums können derartige Verformungen durchaus vorkommen, völlig beschwerdefrei verlaufen und sich schließlich verwachsen. Sind O- oder X-Beine jedoch stark ausgeprägt, hilft in der Regel nur ein kleiner Eingriff in jungen Jahren, um die vorzeitige Abnutzung des Kniegelenkes zu verhindern. Im Zuge überstreckbarer Knie klagen vielen Kinder über Geh- und Stehunsicherheit, die durchaus durch einen Kinderorthopäden begutachtet werden sollten. Tatsächliche Schmerzen können bei einer ausgeprägten Beinlängendifferenz entstehen. Da der Körper die Ungleichheit ausbalanciert, sind weitere Schmerzen im Knie, der Hüfte oder im Rücken denkbar. Auch fällt dann eine daraus entstandene Verformung der Wirbelsäule (Skoliose) ins Auge. Sobald Ihr Kind hinkt oder eine verdrehte Laufposition einnimmt, sollten Sie einen Kinderorthopäden aufsuchen.

Schmerzen im Knie bei vermehrter Belastung

Das Knie ist eines der am stärksten belasteten Gelenke und macht sich bei Erkrankungen oftmals früh bemerkbar – insbesondere bei verstärkter Belastung. Kommen hier Schmerzen beim Bergabgehen oder langem Sitzen hinzu, kann der vordere Knieschmerz vorliegen, der jedoch gut mit dosiertem sportlichem Aufbautraining behandelt werden kann und dann meist spontan von selbst verschwindet. Ebenso unkompliziert verläuft in der Regel eine Wachstumsstörung des Kniescheibensehnenansatzes. Hiervon abzugrenzen ist ganz klar z.B. ein echter Knorpelschaden im Knie, der ähnliche Beschwerden machen kann. Deshalb ist hier eine Vorstellung beim Spezialisten, dem Kinderorthopäden, notwendig.
Bei latent anhaltenden Schmerzen im Knie leidet Ihr Kind möglicherweise an einer Patelladysplasie, die ein kurzzeitiges Herausspringen der Kniescheibe aus ihrer Verankerung verursachen kann, was meist mit starken Schmerzen einhergeht und somit definitiv einen Grund für einen Besuch beim Orthopäden darstellt. Einklemmungen und Blockaden im Knie sind charakteristisch für eine Knochenknorpelläsion oder ein Problem des Meniskus. Oftmals humpelt das Kind und hat teilweise auch Schmerzen, deren Ursache behandelt werden muss, um das Knie vor Verschleiß zu schützen.

Zeigt her eure Füße

Deformitäten der Füße sind in der Regel auf einen Blick zu erkennen, weshalb Eltern mit einem Arztbesuch in der Regel nicht warten, bis ihr Kind Schmerzen bekundet. Oft bestehen Verformungen des Fußes bereits bei der Geburt, wie etwa ein Klump-, Sichel- oder angeborener Plattfuß. In vielen Fällen wir der Fuß dann von Beginn an behandelt, um die Deformitäten während des Wachstums soweit wie möglich auszugleichen. Oftmals kann so ein nahezu normales und beschwerdefreies Gangbild erreicht werden. Im Falle der Verschmelzung von Fußwurzelknochen muss jedoch in der Regel ein kleiner Eingriff die Beweglichkeit des Fußes gewährleisten. Deformitäten sind somit immer ein Grund für einen Termin beim Kinderorthopäden. Denn unbehandelt kann es zu starkem Gelenkverschleiß und Fehlhaltungen kommen oder das Kind fängt überhaupt nicht an zu laufen. Davon abzugrenzen sind erworbene Fehlstellungen, wie etwa der Knick-Senkfuß, der bei Beschwerden immer einem Kinderorthopäden vorgestellt werden sollte.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Wie bei nahezu allen Erkrankungen gilt: Je früher die Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Aussichten auf Heilung. Darum ist ein Besuch beim Kinderorthopäden bei länger anhaltenden Schmerzen, aber auch nach Stürzen nie verkehrt. Denn Knochen, Gelenke und Sehnen sollten gesund erhalten werden, um den Körper möglichst lange ohne vorzeitige Verschließerscheinungen durchs Leben tragen zu können.

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